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Fahrradtour um den Berliner Mauerweg mit dem Gravel Bike – Meine Erfahrungen von der Strecke

Als gebürtiger Ost-Berliner, der als Teenie am 9. November 1989 selbst am Brandenburger Tor stand, übt die Mauer bis heute eine wahnsinnige Faszination aus. Wobei ich sagen muss, daß ich mit meinem Lebenslauf viel Glück hatte, sodass die Teilung für mich keine Rolle mehr spielt. Damals war ich noch jung genug, sodass mir die Staatentrennung noch keine wesentlichen Weichen für das Leben verbauen konnte und beruflich bin ich sowohl innerdeutsch, als auch international sehr viel gereist und habe mit vielen Menschen aus vielen Regionen und Ländern gearbeitet und gefeiert. Daher gibt es kein „die da drüben“ oder „wir Ossis“ mehr, sondern „korrekte Menschen“ und „Idioten“ und die findet man überall auf der Welt und versucht halt den Kontakt mit „Idioten“ möglichst einzuschränken. Aber zurück zum Thema…

Angefixt durch meine Teilnahme bei der Staffel beim Mauerweglauf vor ein paar Jahren, entstand dann auch die Idee, sich selbst einmal anzusehen, wie es 30 Jahre nach der Wiedervereinigung so aussieht, dort wo sich Mauer und Todesstreifen befanden. Also Berliner mit Mauer-Vorgeschichte ohnehin eine Pflichtveranstaltung. Und da mir die läuferische Herausforderung, die 100 Meilen rund um den Mauerstreifen zu laufen zu herausfordernd ist, lag eine Fahrradtour um den Berliner Mauerweg nah. Und da ich ja seit Kurzem auch stolzer Besitzer eines Gravelbikes bin, ergab sich damit auch eine weitere Möglichkeit für einen Gravel Bike Test.

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Planung für die Fahrradtour um den Berliner Mauerweg

Eigentlich braucht man garnicht so viel, um auf die Fahrradtour um den Berliner Mauerweg zu starten. Neben dem obligatorischen Fahrradequipment, sollte man sich vielleicht ein paar Wechselsachen einpacken, um auf alle Wetterwechsel vorbereitet zu sein, ein voll geladenes Handy für die Navigation – am besten noch mit einer Powerbank zum nachladen und natürlich ein wenig Verpflegung. Man ist zwar die meiste Zeit nicht wirklich weit weg von der Zivilisation und es liegen auch einige Restaurants und Ausflugslokale auf der Strecke, aber man sollte schon genügend Getränke und ein paar Snacks dabei haben, wenn man ein wenig Tempo machen will.

Und damit kommen wir eigentlich zur Hauptfrage: Geschnitten oder am Stück? Die wichtigste Frage, die es in der Planung zu beantworten gibt ist, ob man den Berliner Mauerweg als eine lange Tagestour fährt oder in zwei oder drei Etappen. Mit der S-Bahn sind viele Einstiegs- und Ausstiegspunkte gut erreichbar, sodass man problemlos an mehreren Tagen immer nur ein Teilstück des Mauerwegs fahren kann. Ich hatte mich, um wirklich den Gesamteindruck der Maueranlage auf einmal zu bekommen für die Komplettrunde entschieden, aber mehr als 160km an einem Tag zu fahren wird auch bei ruhigem Tempo irgendwann anstrengend.

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Meine Erfahrungen von der Fahrradtour um den Berliner Mauerweg

Ich hatte das Glück, an einem kühleren Freitag im Juni einen Tag frei zu haben und damit optimale Bedingungen für das Mauerweg-Abenteuer. Denn wie ich gehört habe, kann es an einigen Abschnitten des Mauerwegs an den Wochenenden gut gefüllt sein und das Slalomfahren wollte ich mir bei diesem langen Ritt ersparen. Da ich in der Nähe wohne, entschied ich mich für die Glienicker Brücke als Startpunkt und stand dort nun also an einem Freitag Morgen, kurz nach 6 Uhr, mit meinem Rad, zwei voll gefüllten Trinkflaschen und einem Tornister mit Proviant.
Für meinen Startpunkt hatte ich mir die Tour entgegen des Uhrzeigersinns ausgesucht, damit die Fahrt mit der Fähre als kleines Highlight für die müden Beine kurz vor dem Ende der Runde liegt und nicht gleich am Anfang.
Also ging es los in Richtung Osten, durch den Park Babelsberg hindurch, nach Kleinmachnow und dann über Teltow rüber an Lankwitz und Lichtenrade vorbei nach Rudow an der Grenze zu Schönefeld. Gerade dieser erste Abschnitt ist sehr schön zu fahren, da man meist über gut ausgebaute Radwege oder befestigte Waldwege fährt und dabei sehr schöne Naturlandschaften abfährt. Man erkennt zwar nicht direkt etwas von der Mauer aber man sieht, wie auf der einen Seite des Mauerwegs häufig Wohngebiete oder Häuser stehen und auf der anderen Seite sich Felder oder kleine Wälder erstrecken. Diese unterschiedliche Nutzung auf den beiden Mauerseiten, sieht man auch später auf der Tour immer wieder sehr deutlich.

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Ab jetzt wird es deutlich städtischer und man fährt nun in Richtung Norden über Baumschulenweg und am Treptower Park vorbei und direkt über die Oberbaumbrücke. Und ab jetzt beginnt in der Innenstadt das Mauer-Sightseeingprogramm. Denn als nächstes fährt man an der East Side-Gallery entlang, über den Checkpoint-Charlie und durch das Regierungsviertel. Hier wird es mit der Navigation allerdings langsam komplizierter. Während ich bisher nur auf Sicht gefahren und den grauen Mauerweg-Schildern gefolgt bin, wird es im innerstädtischen Schildermeer mit den vielen Baustellen, die Sicht versperren, zunehmend schwieriger die Schilder rechtzeitig zu entdecken. Und so habe die ersten Extra-Schlenker auf dem Tacho und hole doch ab und zu mal die Komoot-App zur Hilfe heraus.

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Nach dem Regierungsviertel geht es dann aber über den Tiergarten zur Bernauer Straße und Ackerstraße, die auch noch einmal beeindruckend den Mauerwahnsinn zeigt. Mit der Durchquerung des Mauerparks und dem Verlassen der Innenstadt in Richtung Pankow, hinein in die Schönholzer Heide, wird es dann aber auch wieder idyllischer und vor allem sehr entspannt zu fahren, da hier ein perfekt ausgebauter Radweg zum entspannten gleiten durch die Natur einlädt. Weiter geht es durch die Lübarser Felder und nach Frohnau, wo es mit der Lübarser Höhe und den Loreleibergen sogar zwei echte Berge zu erklimmen gibt. Gut 100km hat man jetzt in den Beinen, hier am nördlichsten Punkt der Mauerwegradtour.

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Die Beine melden sich auch so langsam und obwohl es Blödsinn ist, fühlt es sich irgendwie gut an, daß es ab jetzt nur noch 60km „runter“ geht. Und zwar zunächst über waldigere Strecken am Tegeler Forst vorbei und nach Henningsdorf. Hier beginnt dann wieder ein richtig schöner Streckenabschnitt direkt am Oder-Havel-Kanal entlang, der sich ein bisschen anfühlt wie Urlaub. Dann umfärt man Spandau vom Spandauer Forst kommend und arbeitet sich über die Potsdamer Chaussee weiter in Richtung Süden vor. In Groß-Glienicke kann man einen Blick auf die ein oder andere Villa oder Yacht erhaschen, bevor man dann endlich am Havelufer entlang zum finalen Highlight der Tour kommt – das Übersetzen mit der Fähre von Kladow nach Wannsee.
Die Fähre wird übrigens von der BVG betrieben und ist damit im Monatsticket inbegriffen und auch mit normalen Fahrscheinen nutzbar. Ich hatte Glück und nach nur wenigen Minuten kam die Fähre und ich war froh, endlich mal aus dem Sattel zu kommen. Also rauf auf das Sonnendeck und den Blick auf die Segler, das Strandbad Wannsee und die anderen Highlights am Ufer schwenken und die kühle Seeluft durch die Haar wehen lassen. Das gibt nochmal Kraft für das letzte Stück!

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Von Wannsee ist es auch nicht mehr weit und die Stecke führt über die Königsstraße diekt durch den Düppeler Forst an das Havelufer, von wo sie sich am Ufer entlang bis zu meinem Ziel, der Glienicker Brückem schlängelt und noch einmal alles gibt. Pfaueninsel, Sacrow aber auch der Schlossgarten – man könnte ständig stehenbleiben und Fotos machen. Wenn ich nur nicht schon so kaputt wäre…

Und dann kommt endlich die Glienicker Brücke und nach fast 11 Stunden bin ich somit wieder an meinem Ausgangspunkt angelangt. Von meinem Startpunkt Zuhause, einigen Extra-Schlenkern auf der Mauerwegrunde, bis zurück habe ich 179km zurückgelegt und bin 9:38h gefahren, mit durchschnittlich 18,6km/h. Viele Abschnitte kann man sicherlich deutlich schneller fahren, aber dann sieht man ja nicht mehr soviel von der Strecke.

Fazit zur Fahrradtour auf dem Mauerweg Berlin

Gerade als Berliner gehört diese Tour absolut auf den Erledigungszettel, da man die ganze Dimension und auch die Verschiedenartigkeit der Mauerrandgebiete erst so richtig begreift. Ich habe auch viele Gegenden neu kennengelernt, in denen ich noch nie voher war. Andererseits bin ich aber auch auf vielen Abschnitten gefahren, wo ich häufiger im Alltag unterwegs bin, aber mir nicht bewusst war, daß ich mich auf dem Mauerweg befinde.
Neben den historischen und architektonischen Eindrücken, faszinieren aber auch die Erinnerungsstelen, die entlang der Stecke jeweils dort aufgestellt wurden, wo es einen Mauertoten gab. Dort wird dann auch an die Geschichte der Toten erinnert und es wird einem der Irrsinn wieder bewusst. Das diese jungen Leute nur sterben mussten, weil sie in einem anderen Land leben wollten – das kann man sich heute noch weniger vorstellen.
Grundsätzlich ist der Mauerweg auch einfach zu fahren, da weite Streckenabschnitte über top gepflegte Radwege führen. Trotzdem gibt es aber auch unbefestigtere Teilstücke, die für Rennräder nicht optimal sind. Mit meinem Gravelbike war ich da ziemlich optimal ausgerüstet, da ich sowohl Tempo machen konnte auf den Asphaltstrecken, aber auch die sandigeren Pisten gut durchfahren konnte.
Gerade wer früh startet und sich den ganzen Tag Zeit nimmt, kann mit ausreichend Pausen wohl auch als weniger trainierter Fahrer die Tour an einem Tag schaffen. Aber es bleiben 160km und die tun auch mit Pausen irgendwann weh!




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